Anti-Stigma-Interventionen

Menschen mit einer psychischen Erkrankung werden häufig mit einem negativen Vorurteil oder Stereotyp behaftet. Ihnen wird beispielsweise nachgesagt, sie seien aggressiv, gefährlich, faul, arbeitsscheu oder ohne Disziplin und Selbstkontrolle. In der Fachsprache nennt man diesen Prozess Stigmatisierung. Die Wahrnehmung bestimmter vorhandener Merkmale eines Menschen wird dabei negativ definiert und mit weiteren negativen Eigenschaften verknüpft.

Häufig erleben Betroffene, wie sich Menschen aufgrund ihrer psychischen Erkrankung von ihnen abwenden und sie ausgegrenzt werden. Dies kann in unterschiedlichen Bereichen erfolgen: z.B. in der Nachbarschaft, am Arbeitsplatz oder in den Medien. Die aus Vorurteilen und negativen Bewertungen resultierenden Verhaltensreaktionen werden als Diskriminierung bezeichnet. Ablehnung und Benachteiligung können sich gleichfalls gegen Angehörige richten.

Hintergrund

Negative Folgen von Stigmatisierung

  • Erleben des Stigmas kann das Selbstwertgefühl beeinträchtigen und zu einem verringerten Selbstwirksamkeitserleben führen ("Ich bin nichts wert.", "Ich kann nichts erreichen.")
  • Vermeidung von Kontakten zu Anderen, sozialer Rückzug, Geheimhaltung der psychischen Erkrankung
  • Stigma als Hindernis bei der Inanspruchnahme von Hilfen, z.B. um den "Stempel" durch eine Diagnose zu umgehen oder aus Scham
  • Auswirkungen auf Angehörige durch Prozesse der öffentlichen Stigmatisierung (Schuldzuweisungen), Selbststigmatisierung und Mittragen des Leids durch Stigmatisierung des erkrankten Angehörigen
  • Stigmatisierung der psychiatrischen Behandlungseinrichtungen (z.B. "Irrenanstalten") führt zur Vermeidung, diese aufzusuchen und wirkt als Hürde bei der Etablierung von gemeindepsychiatrischen Angeboten

Interventionsmöglichkeiten

  • Interventionen zur Reduzierung öffentlichen Stigmas: wichtige Elemente sind hierbei Aufklärung, Erfahrung durch Kontakte, Glaubwürdigkeit, Kontinuität und die Aktivität durch Betroffene selbst (z.B. Öffentlichkeitskampagnen).
  • Interventionen zur Reduzierung strukturellen Stigmas: Veränderung von Strukturen durch Regulation, Gesetze, Handlungsleitfäden etc. (z.B. Medienleitfaden für eine nicht-stigmatisierende Berichterstattung, integrative Schulen).
  • Interventionen zur Reduzierung von Selbststigmatisierung: Wirksam haben sich Interventionen erwiesen, die Peer-Support, Empowerment und eine reflektierte Offenlegung der eigenen Erkrankung beinhalten (z.B. Programm "In Würde zu sich stehen" als manualisierte deutschsprachige Version).

Formen von Stigma

  • Öffentliche Stigmatisierung: Negative Meinung über eine Gruppe von Menschen verbunden mit negativen Reaktionen auf emotionaler und Verhaltensebene (z.B. in Benachteiligung bei Jobvergabe)
  • Selbststigmatisierung: Auseinandersetzung mit der eigenen psychischen Krankheit und negative Bewertung dieser und Selbstdiskriminierung (z.B. sozialer Rückzug)
  • Strukturelle Diskriminierung: diskriminierende Strukturen und Regeln (z.B. Ungleichstellung mit Menschen mit einer körperlichen Erkrankung)

Adressen und weiterführende Links


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